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Italien macht die E-Rechnung zur PflichtVon Stefan Groß und Stefan Heinrichshofen(01.03.2018) Stefan Groß Stefan Heinrichshofen
Von der steuerlichen Öffentlichkeit fasst unbemerkt, ist es seit dem 01.01.2017 in Italien bereits möglich, Rechnungen im sogenannten „Clearance-Verfahren" über eine zentrale Plattform an den jeweiligen Rechnungsempfänger zu übermitteln. Doch nun geht Italien noch einen Schritt weiter und verpflichtet die Unternehmen ab dem 01.01.2019, Rechnungen flächendeckend elektronisch auszustellen und über das offizielle Austauschsystem „Sistema di Interscambio" (Sdl) zu versenden.Bereits seit 01.07.2017 ist in Spanien das neue „System zur unmittelbaren Übermittlung von Informationen – SII“ („Sistema de Suministro Inmediato de Informacion“) in Kraft getreten, wonach der spanische Fiskus Unternehmen dazu verpflichtet, bestimmte umsatzsteuerrelevante Angaben zu Aus- und Eingangsrechnungen zeitnah an das Finanzamt zu übermitteln (vgl. PSP-News vom 11.08.2017). Kannte man entsprechende Meldesysteme bislang ausschließlich aus dem südamerikanischen Raum, setzt sich der Trend zur Real-time-Umsatzsteuer zunehmend auch in Europa immer mehr durch. Die Zielsetzung dürfte dabei in erster Linie darin bestehen, dem Umsatzsteuerbetrug über eine Meldung auf Einzelumsatz- bzw. Einzelrechnungsebene den Kampf anzusagen. Davon ausgehend schreibt nun auch Italien den E-Rechnungsversand verpflichtend vor. Im Einzelnen stellt sich die Neuregelung wie folgt dar:
Da es sich bei E-Rechnungen um digitale Dokumente bzw. Belege handelt, sind ergänzend spezifische Vorgaben an die Archivierung zu beachten. So hat die elektronische Aufbewahrung der E-Rechnungen – analog zu den Vorgaben in Deutschland – digital bzw. originär elektronisch zu erfolgen. Während die Aufbewahrungsfrist dabei ebenfalls zehn Jahre beträgt, sind die Archivierungsvorgaben durchaus technisch komplex. So müssen die archivierten Rechnungen gruppiert und anschließend mit einer qualifiziert elektronischen Signatur sowie einem Zeitstempel versehen werden. Hierfür existiert die sog. AgID-Zertifizierung, welche Anbietern entsprechender Archivlösungen attestiert, dass sie alle technischen, organisatorischen, finanziellen und formalen Anforderungen an eine rechtskonforme, elektronische Archivierung in Italien erfüllen. Zusammengefasst ist es damit spätestens ab dem 01.01.2019 in Italien gesetzlich vorgeschrieben, dass Rechnungen im dafür vorgesehenen xml-Format erstellt und über die hierfür geschaffene Austauschplattform Sdl übermittelt werden. Für kleinere Unternehmen soll die Möglichkeit geschaffen werden, die entsprechenden Rechnungsdaten kostenlos über eine Weboberfläche einzugeben und abzurufen. Größere Unternehmen sollen hingegen über ihr ERP-System die Möglichkeit erhalten, eine direkte Anbindung an Sdl zu implementieren, um auf diese Weise Rechnungen und die korrespondierenden Rückmeldungen automatisch zu verarbeiten. Fraglich ist, ob und inwieweit das neue Gesetz mit den Vorgaben der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie in Einklang zu bringen ist. Zum einen umgeht das Gesetz die nach Art. 232 MwStSystRL erforderliche Zustimmung des Empfängers zum Erhalt elektronischer Rechnungen. Darüber hinaus ist die zwingende Verwendung einer elektronischen Signatur bei elektronischer Rechnungsstellung der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie zumindest seit Umsetzung der Rechnungsstellungsrichtlinie 2010/45/EU vom 13.07.2010 nicht zu entnehmen. WertungMit der verpflichtenden Einführung der E-Rechnung geht Italien konsequent den Weg in Richtung „Clearance-System“. Damit geht letztlich wohl auch die Hoffnung des italienischen Fiskus einher, bekannte Betrugsszenarien auszuschließen und damit das Umsatzsteueraufkommen zu sichern. So wird es über den verpflichtenden Versand von E-Rechnungen insbesondere möglich, die entsprechende Umsatzsteuerschuld exakt zu berechnen und mit den Angaben der Umsatzsteuer-Voranmeldung abzugleichen. Zugleich wird dadurch die Datengrundlage geschaffen, den Vorsteuerabzug an die korrespondierend gemeldete Umsatzsteuerschuld zu koppeln. Der nächste logische Schritt wäre, den jeweiligen Vorsteueranspruch auf Rechnungs- bzw. Transaktionsebene mit der gemeldeten Umsatzsteuerschuld abzugleichen. Die Auszahlung des jeweiligen Vorsteuervergütungsanspruchs könnte dann faktisch an die Anmeldung bzw. Abführung der korrespondierenden Umsatzsteuerschuld geknüpft werden. Nutzt man hier zudem die sich aus der Blockchain-Technologie ergebenden Möglichkeiten den Zahlungsverkehr über Kryptowährungen abzubilden, ließe sich ein intrinsisches System bestehend aus Real-Time-Deklaration und permanenter Steuerentrichtung etablieren. Sollten die Modelle in Spanien und Italien zum Erfolg führen und zugleich administrierbar sein, ist es eine Frage der Zeit bis andere Länder wie auch Deutschland nachziehen und ebenfalls auf das „Clearance-System“ umstellen werden. Gleichzeitig sollte dies jedoch zwingend dazu genutzt werden, die heute bereits überbordenden Rechnungsvorgaben, die letztlich auch dazu dienen, den Vorsteueranspruch zu begründen, zu reduzieren und auf diese Weise den Unternehmen entgegenzukommen. Dies wäre eine enorme Entlastung für die Wirtschaft, würde Bürokratiekosten senken und wäre damit zugleich ein gewichtiges Argument für die Unternehmen, dieses System zu unterstützen. Fortsetzung folgt. © Copyright Compario 2024, Autorenrechte bei den Autoren |
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