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E-Rechnungs-Gipfel 2023

E-Rechnungs-Gipfel 2023: Viel neuer Schwung in der Thematik - europäisch wie national

Von Gerhard Schmidt

(15.06.2023)

„Der spannendste E-Rechnungsgipfel seit Jahren!" resümierte Johannes von Mulert, der Moderator der zweitägigen Veranstaltung, die vom 12. Bis 13. Juni 2023 in Berlin stattfand. Kam doch im letzten halben Jahr viel neuer Schwung in die Thematik, europäisch und national, was sich auch direkt im Untertitel der Tagung „ViDA und die E-Rechnung in Deutschland" widerspiegelte.

Hintergründe

Im Dezember 2022 veröffentlichte die EU-Kommision im Rahmen der Initiative „VAT in the Digital Age (ViDA)“ einen seit langem erwarteten Vorschlag für eine die Mehrwertsteuer betreffende Richtlinie. Maßgeblicher Anlass ist die Bekämpfung des immer noch grassierenden Umsatzsteuerbetrugs in Europa, welchem – so ViDA – insbesondere auch mit entsprechenden Mehrwertsteuermeldepflichten und einer elektronischen Rechnungsstellung entgegengewirkt werden soll. National hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) – basierend auf den Ausführungen im Koalitionsvertrag – im April 2023 einen Diskussionsvorschlag vorgelegt, der bereits zum 1. Januar 2025 die verpflichtende Einführung der E-Rechnung im B2B-Umfeld vorsieht. Damit dürfte nun – nach Jahren des Abwartens – deutlich Bewegung in das Thema E-Rechnung kommen. Endlich sagen viele ...

Breite Diskussion

Was folgt aus all diesen Regelungsvorhaben für die Wirtschaft? Was muss die öffentliche Verwaltung noch leisten? Wie realistisch ist der Einführungszeitpunkt? Wie steht es um die Tauglichkeit für kleinere und mittlere Unternehmen und wird es einen Bestandsschutz für bestehende Systeme wie beispielsweise EDI geben? Diese und andere Fragen erörterte und vertiefte der E-Rechnungsgipfel in Vorträgen, Diskussionsrunden und Roundtables mit insgesamt mehr als 250 Teilnehmern. Dabei waren es insbesondere die beiden Keynotes von Dr. Armin Rolfink, Leiter der Abteilung III im Bundesministerium der Finanzen (BMF) und Prof. Dr. Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, welche der Veranstaltung den hochkarätigen Rahmen gegeben haben.

Außerdem auf dem Podium vertreten waren unter anderem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK), Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD), Französisches Forum für E-Rechnung (FNFE-MPE), Handelsverband Deutschland (HDE), Hessisches Ministerium der Finanzen, Institut für Digitalisierung im Steuerrecht (IDSt), Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT), OpenPeppol, Verband elektronische Rechnung (VeR), Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), sowie Experten aus verschiedenen Unternehmen.

Nachfolgend zusammengefasst die wesentlichen Erkenntnisse und Ergebnisse:

Was hält die Wirtschaft von einer Pflicht zur E-Rechnung?

Die Pflicht zur E-Rechnung wurde weitgehend begrüßt, hängt Deutschland doch gegenüber anderen Ländern wie Italien oder Frankreich um Jahre zurück. Dabei gilt gerade die E-Rechnung als Schlüssel zur Digitalisierung der Wirtschaft. Kritik gab es allerdings von Seiten der kleinen und kleinsten Unternehmen, haben diese in den letzten Jahren doch auch sehr leidvolle Erfahrungen mit den strengen fiskalischen Anforderungen, etwa im Bereich elektronischer Kassen, gemacht. Gerade dies möchte man nun bei der Pflicht zur E-Rechnung nicht erneut durchleben. Insgesamt war die Veranstaltung jedoch von einem breiten Konsens zur Einführung der E-Rechnung geprägt, wenngleich in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung noch erheblicher Diskussions- und Klärungsbedarf besteht.

Können die Fristen eingehalten werden?

ViDA entsprechend soll ab 1. Januar 2028 für innergemeinschaftliche B2B-Umsätze die E-Rechnung zum verbindlichen Standard und zugleich ein korrespondierendes Meldesystem etabliert werden. Innerhalb Deutschlands soll die E-Rechnungspflicht bereits zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. DAX-Unternehmen wie Siemens oder BASF haben längst entsprechende Projekte aufgesetzt, sehen aber dennoch die Fristen eher skeptisch. Von den kleineren Betrieben ist das Thema noch weit entfernt. Soll die Einführung mithin verschoben werden? Die Erfahrung lehrt, dass viele Unternehmen erst wenige Monate bevor es wirklich ernst wird, aktiv werden. Eine Verschiebung um ein Jahr birgt mithin die Gefahr weiteren Stillstands. Ein Königsweg könnte vorsehen, den nationalen Einführungszeitpunkt zum 1. Januar 2025 beizubehalten, doch über eine Nichtbeanstandungsregelung, eine Art „E-Rechnung auf Probe“, Druck von den Unternehmen zu nehmen.

Welchen Umfang sollten die strukturierten Rechnungsdaten haben?

Sowohl in ViDA als auch im Diskussionsvorschlag des BMF wird die europäische Norm für eine Kernrechnung (EN 16931) adressiert. Diese Norm wurde zwar im Hinblick auf Rechnungen an die öffentliche Verwaltung geschaffen, sie lässt sich jedoch im Grundsatz auch für B2B-Umsätze adaptieren. Dabei rekurriert die europäische Norm auf die Kernelemente einer elektronischen Rechnung. Reicht dieser Kern aus, um der allgemeinen E-Rechnungspflicht nachzukommen oder sollte das Datenmodell um zusätzliche Elemente erweitert werden? Die Lösung könnte ein „Opt-out-Modell“ darstellen, bei welchem sich Unternehmen bilateral darauf einigen, ihre Rechnungen beispielsweise per EDI auszutauschen, vorausgesetzt, die Meldedaten an den Fiskus haben das geforderte Format.

Was ist mit komplexeren Rechnungsfällen?

Einfache Rechnungen an den Fiskus zu melden, sollte eher unproblematisch sein. Doch wie sieht es mit komplexeren Fällen aus? In Frankreich wurden 35 derart problematischer Fälle identifiziert und nach Typen sortiert. Ist dies eine Blaupause für Deutschland und wenn ja, ist diese Liste vollständig? Ausgewählte Beispiele hierzu sind etwa Rechnungen, die nicht vom Rechnungsempfänger, sondern durch einen Dritten bezahlt werden oder Rechnungen, denen eine Bestellung durch einen Dritten im Auftrag des Käufers vorausging. Aber auch Gutschriften, Stornos oder Sonderfälle wie Baurechnungen bedürfen einer genauen Würdigung im Vorfeld.

Welche Daten sind an den Fiskus zu melden?

Das Datenmodell der europäischen Norm enthält mehr Daten, als der Fiskus letztlich benötigt, um Umsatzsteuerdelikten wirksam entgegenzutreten. Welche Daten müssen also gemeldet werden? Dabei gilt, desto weniger Daten, desto einfacher im Hinblick auf datenschutzrechtliche Fragestellungen. Auch hierüber oder die Frage, ob die E-Rechnung Raum bietet die Pflichtangaben auf Rechnungen zu reduzieren, wird in der weiteren Diskussion zu reden sein.

Wie werden Rechnungsdaten an den Fiskus gemeldet?

Modelle, wie die zu meldenden Daten vom Rechnungssteller zur Finanzverwaltung kommen, gibt es verschiedene. In Italien müssen die Rechnungen an eine zentrale staatliche Stelle geschickt werden. Frankreich hingegen bevorzugt ein eher dezentrales Modell, in das zertifizierte Dienstleister eingebunden werden sollen. Deutschland sollte den Vorteil nutzen bestehende Modelle auf ihre Praxistauglichkeit und Zukunftsfähigkeit zu untersuchen und sich die vielversprechendsten Modellelemente anzueignen. Der aktuellen Diskussion folgend, tendiert die deutsche Finanzverwaltung wohl in Richtung eines an Frankreich angelehnten Modells unter Einbezug zertifizierter Dienstleister. Für kleinere Unternehmen, mit geringen Rechnungsvolumina, soll es ergänzend – so die Ausführungen beim E-Rechnungsgipfel – ein (kostenloses) Dienstleistungsangebot vom Staat geben, welches jedoch auf ausgewählte Basisfunktionen beschränkt sein soll.

Wer kümmert sich um die zu klärenden Punkte?

Hier ist nun insbesondere das Bundesfinanzministerium gefordert. Gerade mit Blick auf den ambitionierten Zeitplan benötigt die Wirtschaft rasch Planungssicherheit, um zunächst die E-Rechnungspflicht zu erfüllen und sich dann auf das Meldesystem vorbereiten zu können. Hier sollten die Pflöcke möglichst zeitnah eingeschlagen werden. Ein wichtiges Indiz für das Bemühen des BMF kann zweifelsfrei darin gesehen werden, dass zunächst ein Diskussionsvorschlag in die Verbände- und Expertenanhörung gegeben wurde, um so bereits im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens kritische Punkte zu identifizieren und Anregungen zu erhalten. Auch beim E-Rechnungsgipfel betonte die Finanzverwaltung den Willen mit der E-Rechnung sowohl den digitalen Fortschritt in den Unternehmen fördern zu wollen, als auch den Umstellungsaufwand für alle Beteiligten so gering wie möglich zu halten. Dieser offene Austausch sollte nun in einer Art Roundtable mit interdisziplinären Arbeitsgruppen zeitnah seine Fortsetzung finden.

Was gab es sonst noch?

Erstmals waren auf dem E-Rechnungsgipfel die Berliner Steuergespräche zu Gast mit dem Thema „Die Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter“. Und als Muntermacher zum Start des zweiten Veranstaltungstages gab es unter der Überschrift „Die Maschine lebt: Master Hacks mit ChatGPT und anderen KI-Tools“, eine beeindruckende multimediale Demonstration dafür, was bereits heute für jedermann mit frei verfügbaren KI-Anwendungen machbar ist.

Wie geht es weiter?

Da die KI bis in einem Jahr vermutlich kaum in der Lage sein wird, Antworten und Lösungen für die zuvor skizzierten Frage- und Problemstellungen zu geben, führt auch am E-Rechnungsgipfel 2024 kein Weg vorbei. Er findet statt am 10. und 11. Juni 2024, wiederum in Berlin.

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