Anzeigen

Anbieter von Rechnungsaustausch-Lösungen
hmd Solftware
Seeburger
PSP München
Verfahrensdoku
GISA

Portal zur Förderung elektronischer
Rechnungs- und Geschäftsprozesse

Home  Zugferd

Wie Zugferd durch das Geschäftsinteresse einiger kleiner Unternehmen ausgebremst wird

Von Gerhard Schmidt

(30.08.2017)

Gerhard Schmidt

Gerhard Schmidt
Gerhard Schmidt ist Chefredakteur von rechnungsaustausch.org

Erzählt als Märchen über rostende und nichtrostende Schrauben und Muttern erfahren Sie, warum bei der hybriden Zugferd-Rechnung PDF/A3 zur Pflicht wurde und Pflicht bleiben soll und warum Zugferd deshalb nie richtig in Schwung kam.

Wir befinden uns in einem fernen Land. In dem gibt es die Vorschrift, dass bei jedem Handelsgeschäft der Lieferant seinem Kunden ein Gewinde übermitteln muss. Seit vielen Jahren war es üblich, dazu seinem Geschäftspartner eine Schraube zu schicken, denn die hatte ja ein Gewinde. Bis eines Tages jemand auf die Idee kam, man könnte doch statt Schrauben auch Muttern nehmen. Die haben auch ein Gewinde, doch Muttern sind in der Handhabung wesentlich effizienter.

Dumm nur, dass die Gewindeempfänger noch nicht auf Muttern eingestellt waren und mit diesen erst einmal nichts anfangen konnten. Da wurde eine weitere pfiffige Idee geboren: das hybride Gewinde. Die Mutter einfach auf eine Schraube schrauben und beides verschicken. So konnte der Empfänger, der die Mutter schon nutzen konnte, die Mutter nehmen, die anderen Empfänger die Schraube.

Nun gibt es in diesem Land die Vorschrift, dass die erhaltenen Gewinde zehn Jahre lang aufbewahrt und einem Staatsbeamten auf Verlangen unversehrt vorgezeigt werden müssen. Wodurch könnte die Unversehrtheit von Metallschrauben leiden? Rost! Die verschickten Schrauben waren alle aus schlichtem Eisen, und das kann bei Kontakt mit Wasser bekanntlich leicht rosten.  Bei Handelsgeschäften jedoch kommen die Schrauben nie mit Feuchtigkeit in Berührung, so dass über viele, viele Jahre auch kein einziger Fall einer angerosteten Eisenschraube bekannt wurde. Es gab zwar auch nichtrostende Niroschrauben am Markt, doch einen Grund, diese zu verwenden, sah niemand.

Auf einmal aber, gerade als die Idee des hybriden Gewindes geboren wurde, trat die Association für Verbindungstechnik auf den Plan. Die Mitglieder dieser Association hatten nämlich gerade ein Spezialwerkzeug zur Marktreife gebracht, mit dem Muttern auf Niroschrauben auf- und wieder abgeschraubt werden konnten. Das war bisher nicht möglich. Muttern auf Eisenschrauben schrauben, konnte man schon lange. Die Werkzeuge dafür hatte fast jeder in seinem Werkzeugkasten. Das neue Werkzeug aber hatte noch niemand.

Wenn es gelänge, beim hybriden Gewinde die Niroschraube zur Norm zu machen, dann müssten alle das neue Werkzeug kaufen, so das Kalkül der Association. Und so startete sie in dem Gremium, das über die Norm zum hybriden Gewinde beschließen sollte, eine große Kampagne. „Das Rostrisiko bei Gewinden ein für alle Mal verbannen!“ war die Parole. Bilder wurden präsentiert mit den grellsten und unheimlichsten Rostmotiven. Zur theoretischen Untermauerung wurde die elektrochemische Spannungsreihe hoch- und runtergebetet. Und siehe da. Die Kampagne hatte Erfolg. Vielen in dem Entscheidungsgremium wurde ganz schwindelig vor so viel Rostgefahr und möglichem Ärger mit dem Staatsbeamten und sie erhoben die Niroschraube zur Norm für hybride Gewinde. Das halbe Dutzend Verkäufer des Spezialwerkzeugs – alles kleinere Unternehmen –  rieb sich die Hände.

Und so kam es zu einer grotesken Situation: Die neuen hybriden Gewinde mussten alle mit Niroschrauben verschickt werden. Die einfachen Gewinde wurden weiterhin als Eisenschrauben verschickt, ohne dass irgendjemand hinsichtlich eines Rostrisikos Bedenken hatte. Schon gar nicht die Aktivisten der Association.

Nun war das Werkzeug, mit dem Muttern auf Niroschrauben auf- und wieder abgeschraubt werden konnten, ein neues Spezialwerkzeug, dessen Handhabung eines gewissen Know-hows und etwas Übung bedarf. Kein Problem, denn ein weiteres kleines Unternehmen bot sofort „Hybride Verschraubungstage“ an. Wer die entsprechende Tagungsgebühr bezahlte, erfuhr dort Näheres über das Spezialwerkzeug und seine Handhabung.

Eine clevere Geschäftsidee, die diese kleinen Unternehmen hatten. Egal ob die hybride Verschraubung ein Erfolg wird oder nicht (was sich erst Jahre später zeigt), verdienen sie mit ihr erst einmal ganz gut Geld.

Lohnt es sich, das Spezialwerkzeug zu kaufen? Soll ich einen Einführungskurs dazu buchen? Das fragten sich damals Viele. Und kamen zu dem Schluss: Warten wir doch erst einmal ab, ob sich das hybride Gewinde durchsetzt und entscheiden uns später. Könnten wir die Werkzeuge aus unserem Werkzeugkasten nutzen, dann würden wir sofort mit dem hybriden Gewinde loslegen.

So ging das Jahr um Jahr. Und wenn die Spezialwerkzeugverkäufer und Schulungsanbieter nicht gestorben sind, dann ist die Niroschraube in der Norm für hybride Gewinde für immer Pflicht, sitzen die Verkäufer und Anbieter doch an maßgeblicher Stelle im Normungsgremium. Und bis ans Ende aller Zeiten verdienen sie an ihrer Norm.

Nun wissen Sie, warum bei der hybriden Zugferd-Rechnung PDF/A3 zur Pflicht wurde und Pflicht bleiben soll und warum Zugferd nie richtig in Schwung kam.

Siehe auch

Newsletter
 hier abonnieren
powered by webEdition CMS