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Von PIUS zu CIUS: alter Wein in neuen Schläuchen

Von Gerhard Schmidt

(30.04.2018)

Gerhard Schmidt

Gerhard Schmidt
Gerhard Schmidt ist Chefredakteur von rechnungsaustausch.org

„Wer zahlt, bestimmt." Das gilt im Geschäftsleben auch für Form und Inhalt einer Rechnung. Dieses Prinzip durchläuft gerade die digitale Transformation. Auf der digitalen Seite haben wir seit gut einem Jahr einen Begriff für das Neue: CIUS (Core Invoice Usage Specification). In der analogen Welt hatte das Prinzip keinen Namen. PIUS (Paper Invoice Usage Specification) wäre wohl die stimmige Bezeichnung. Das Prinzip ist nicht neu. Neu ist die Frage: Wie gehen wir in der digitalen Welt praktisch damit um?

Gekauft wird im Geschäftsleben in der Regel bei dem Lieferanten, der genau das liefert, was man haben möchte. Zu dem was man haben möchte, gehören auch die Form und die Inhalte einer Rechnung. Gekauft wird dort, wo diese Anforderungen erfüllt werden. Ein Lieferant wird sich also überlegen, ob er die gestellten Anforderungen an eine Rechnung erfüllt oder ob er auf den Auftrag verzichtet.

Werden Rechnungen nur auf Papier (oder elektronischem Papier wie PDF) erstellt, dann muss nicht extra klargestellt werden, dass es sich bei den Anforderungen an eine Rechnung (Invoice Usage Specification) um Anforderungen an eine Papier-Rechnung (Paper Invoice) handelt. Es galt in der rein analogen Welt immer IUS = PIUS (Invoice Usage Specification = Paper Invoice Usage Specification).

Wenn zu den Papierrechnungen nun elektronische Rechnungen (Rechnungen aus strukturierten Daten) dazukommen und elektronische Rechnungen zudem in verschiedenen Formaten möglich sind, dann ist es bei den Anforderungen an eine Rechnung nötig mit anzugeben, auf welche Art von Rechnungen sich die Anforderungen beziehen.

Europäische Norm und CIUS

Wenn es sich um Anforderungen an Rechnungen nach der europäischen Norm EN 16931 für eine Kernrechnung (Core Invoice) handelt, dann werden die Anforderungen als CIUS (Core Invoice Usage Specification) bezeichnet.

Die EDI-Welt soll hier nicht betrachtet werden, denn dort ist die Einhaltung von Rechnungsvorgaben längst kein Thema mehr.

Eine CIUS ist immer eine Anforderung, die innerhalb der europäischen Norm zu erfüllen ist. Eine CIUS kann per Definition keine eigene, neue Norm (eigener Standard) sein. Durch eine CIUS werden Freiheiten, die die Norm lässt, an bestimmten Stellen eingeschränkt, so dass nicht alle nach der Norm zulässigen Rechnungen durch die CIUS auch erlaubt werden.

In der öffentlichen Diskussion ist nicht jeder in der Lage oder willens, diese Beziehung zwischen Norm und CIUS klar zu kommunizieren. Da ist dann, insbesondere wenn eine CIUS einen Namen hat (beispielsweise XRechnung), schnell von einem neuen Rechnungsformat-Standard die Rede. Und wenn viele (benannte) CIUS auftauchen, was in den einzelnen europäischen Ländern der Fall ist, dann wird ein neuer Formatwust beklagt.

Bunte PIUS-Welt

Was tatsächlich passiert ist, dass jedes europäische Land seine PIUS in eine CIUS transformiert. Denn eine PIUS hat jedes europäische Land, föderal strukturierte Länder meist mehrere. Das kann auch gar nicht anders sein, denn  jedes Land hat traditionell spezielle steuerliche Anforderungen an eine Rechnung oder spezielle Rechnungsbearbeitungsprozesse.

Eine PIUS haben aber nicht nur staatliche Verwaltungseinheiten, sondern auch Branchen und einzelne Unternehmen. Die PIUS-Welt ist also äußerst bunt.

Trotz dieser Vielfalt kann man konstatieren: In der Praxis funktioniert die Einhaltung von PIUS problemlos! Dadurch, dass vor dem Rechnungsversand manuell sichergestellt wird, dass die Anforderungen einer PIUS eingehalten sind.

Warum sollte das bei einer CIUS nicht genauso funktionieren? Der Rechnungsempfänger hat dem Rechnungssteller seine CIUS bekanntgegeben und der Rechnungssteller geht nun manuell Punkt für Punkt durch, ob alle Anforderungen an die Rechnung eingehalten sind.

Automatisierung von CIUS-Anforderungen

Digitale Transformation bedeutet, dass manuelle Verfahren durch automatische Verfahren ersetzt werden. Genau das ist auch möglich, wenn es darum geht sicherzustellen, dass eine CIUS erfüllt wird.

Was müsste dazu eine rechnungserstellende Software leisten?

Grundvoraussetzung ist, dass die Software Rechnungen nach der europäischen Norm, auf die sich ja jede CIUS bezieht, erstellen kann. Dann muss die Software eine CIUS kennen. Das bedeutet zu wissen, wo die CIUS speziellere Anforderungen stellt als die Norm.

Eine CIUS ist letztlich immer kundenspezifisch. Kundenspezifische Daten gehören zu den Kundenstammdaten. Genau dort muss die Zuordnung einer CIUS erfolgen, so dass der Kunde zukünftig nur Rechnungen erhält, die seiner CIUS entsprechen.

Ob eine rechnungserstellende Software die automatisierte CIUS-Einhaltung überhaupt unterstützt und welchen Komfort sie dem Anwender dabei gegebenenfalls bietet, entscheidet der Softwarehersteller.

Lösungsansätze

Ein Softwarehersteller kann sich beispielsweise dafür entscheiden, nur die CIUS XRechnung zu unterstützen und diese „fest zu verdrahten“. Der Anwender muss dann nur in den Kundenstammdaten vor XRechnung ein Häkchen setzen. Durch dieses Häkchen weiß die Software dann auch, dass die Rechnung als XML-Datei verschickt werden kann und nicht noch um eine PDF-Version zu einer hybriden Rechnung erweitert werden braucht.

Ein anderer Ansatz könnte sein, dass in den Kundenstammdaten für alle nach der europäischen Norm optionalen Feldern angegeben werden kann, ob sie zum Pflichtfeld werden oder nicht befüllt werden dürfen. Das böte die feinstmögliche Justierung, doch wie handhabbar ist dies?

Eine weitere Lösung, die allerdings über den einzelnen Softwarehersteller hinausgeht, wäre ein zentrales CIUS-Repository, aus dem einzelne CIUS in die rechnungserstellende Software importiert werden können. Sei es durch den Softwarehersteller, der diese dann „fest verdrahtet“, sei es durch den Anwender, der mit wenigen Mausklicks eine CIUS aus dem Repository den Kundenstammdaten zuordnen kann. Dies ist der vielleicht interessanteste Ansatz. Konzeptionell bereits angelegt ist er bei Rechnungs.fans.

Fazit

Der Umgang mit CIUS ist für die Hersteller rechnungserzeugender Software heute noch Neuland. Es wird spannend, mit welchen Ideen und Konzepten dazu sie an den Markt gehen. Wenn ihnen nichts dazu einfällt, bleibt für den Rechnungssteller der schwache Trost: Der manuelle Umgang mit einer CIUS ist nicht aufwändiger als der Umgang mit einer PIUS. Es kann nur einfacher werden!

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